Die Pokerpartie um das neue, inzwischen auf 80 Milliarden angewachsene dritte Hilfspaket für Griechenland geht bis zur letzten Minute weiter. Der deutsche Finanzminister hat am Samstag mit der Schreckschusspistole in die Luft geballert. Auch Schäuble tut so, als gehe es jetzt noch um irgendetwas Inhaltliches. Nichts ist irriger. Die Weichen für Sonntagabend sind gestellt. Falls kein Schuldenschnitt erfolgt, wird der Verschuldungsgrad Griechenlands auf 200% steigen.
Der Grund dafür ist, dass die Kreditzufuhr durch das neue Paket weitaus schneller vonstatten gehen wird als die Tilgungen, die während Dutzender Hilfsinitiativen für “Griechenland” ja immer weiter in die Zukunft erstreckt wurden. Wie hoch die weitere Aufschuldung Griechenlands ausfallen wird, ist von außen schwer zu beurteilen, weil derartiges öffentlich nicht bekanntgegeben wird. Man kann aber davon ausgehen, dass die Zahlen und Szenarien den Finanzministerien der Gläubigerländer bekannt sind.
Bisher dachte ich immer, dass eine weitere Erhöhung des Verschuldigungsgrads von derzeit fast 180 Prozent nicht möglich ist. Ich habe meine Meinung geändert. Im Zeitalter von Nullzinsen ist alles möglich.
Die einzigen beiden Kriterien, die in Sachen Schuldentragfähigkeit real zählen, sind a) die Liquidität des Schuldners zum Zeitpunkt der fälligen Tilgungs-(Rück)Zahlungen und b) die Fähigkeit des Schuldnerstaats, die anfallenden Zinsen zu zahlen. Letzteres stellt (zunächst) kein Problem dar, wenn die Zinsen bei bzw. nahe Null liegen.
Dafür aber sorgt schon die EZB, die mit offenen und verdeckten Mitteln dem transnationalen Kreditvehikel ESM die Aufnahme von Kredit (fast) zum Nulltarif ermöglicht.
Das klingt nicht nur pervers, es ist auch pervers – aber so funktioniert modern finance. Das Erstaunlichste dabei ist der verbreitete Glaube, dass es nachhaltig möglich ist, Kapital durch (Noten)Bankoperationen in die Welt zu setzen.
Foto: Euku, Wikimedia Commons
Edit 1: Umformulierung im vorletzten Absatz. Bisher: “Dafür aber sorgt die EZB, die mit offenen und verdeckten Mitteln Gläubigerländern wie Deutschland die Aufnahme von Kredit (fast) zum Nulltarif ermöglicht. Das Weiterreichen von gratis erhaltenen Fremdmitteln stellt keine budgetäre Belastung dar.”
Diese Passage wurde zu:”Dafür aber sorgt schon die EZB, die mit offenen und verdeckten Mitteln dem transnationalen Kreditvehikel ESM die Aufnahme von Kredit (fast) zum Nulltarif ermöglicht.”
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