Aus einem “Interview”, das Alex Christoforou mit seinem Brötchengeber führt, ist eine Menge über den “kollektiven Westen” zu lernen – wenn auch die dort enthaltene “gute Information” manchmal bis zur Unkenntlichkeit verzerrt wird. Im konkreten Fall ist Alexander Mercouris Analyse zu Deutschland relativ treffgenau, abgesehen von “ein paar kleinen Vorbehalten”. NB zu Mercouris.Unsere beiden Alexanders besprechen die Deindustrialisierungstendenzen in D,
wobei der Grieche eine Art Copyright auf den Begriff anmeldet, weil dieser seit vergangenem Jahr auf “seiner” News-Site Duran verwendet worden ist.
Ausgangspunkt ist ein vor ein paar Tagen erschienener Bericht der Financial Times, die ihrerseits über eine IW-”Studie” berichtet, die den Abfluss von Nettoinvestitionen aus Deutschland während der vergangenen fünf Jahre thematisiert.
Dabei scheinen unsere zwei Duranisten eine dem ursprünglichen Studienautor entgegengesetzte Strategie zu verfolgen,
indem sie (richtigerweise) die Rolle des ausbleibenden russischen Erdgases speziell highlighten und die tatsächlich laufend stattfindende Deindustrialisierung primär darauf zurückführen.
Der studierte (Netto-)Direktinvestitions-Einbruch, der dem”Kurzbericht” zugrunde liegt, hat schon 2018/19 begonnen, lange vor dem russischen Einmarsch in der Ukraine, und
- die übergeschnappte Energiepolitik Berlins,
- die “Emissionsdiktatur” Brüssels oder
- die klägliche Rolle, die Deutschland politisch in der EU spielt,
hätten mehr Platz verdient, als die beiden Kremlins diesen Themen einzuräumen bereit sind.
Aber die deutsche Deindustrialisierungs-Saga hat mit dem schrittweisen Ende der russischen Gaslieferungen 2022 bloß ein neues, noch grimmigeres Kapitel aufgeschlagen als sich das schon in den Zahlen 2022 widerspiegeln kann
(und natürlich geht es nicht nur um die Preise für Erdgas).
Bis Ende September 2022 konnten sich bestehende und präsumptive industrielle Gaskunden damit beruhigen, dass
- die physische Infrastruktur für Pipeline-Importe nach wie vor bestehe
- und danach ein, zwei weitere Monate, dass man die gesprengten Nordstream-Röhren ja einfach reparieren könne.
All das ist in den erfassten offiziellen Investitionsentscheidungen noch nicht enthalten, die bekanntlich ja Jahre benötigen um umgesetzt zu werden.
Interessierte sollten sich diesen auf IEA-Zahlen beruhenden Beitrag ansehen oder die Angaben der Bundesnetzagentur zum Gasverbrauch der Industriekunden.
Der Punkt ist, dass die deutsche Erzeugende Industrie, die auf Prozesswärme aus (russischem) Gas angewiesen ist, in die Knie geht – ohne dass irgendwer “Feuer!” schreit.
Wie bekannt,
glaubt dieser Blogger aber nicht, dass das Ausbleiben des russischen Gases ein ausschließliches oder auch nur primäres “Polit-Problem” ist
(was ihn von den beiden Alexanders unterscheidet).
Nachbemerkung, 7.7.2023, 9.30 Uhr: Mercouris ist – was ich vergessen habe – seine anfängliche Bemerkung zugute zu halten, dass die Welt vor einer globalen Rezession stehe, was die Situation in Deutschland verschärfe.
Er hat das nachher wieder ein wenig relativiert, wohl weil das von der politischen Haupstoßrichtung der Site ablenken würde. Es spricht aber für seine “bona fides”.
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