Im Rahmen einer Mini-Serie über das aktuelle Fossilentzugs-Prädikament ist diesmal Leigh Goehring von der Investmentberatungsfirma Goehring & Rozencwajg dran. Er folgt Art Berman und Steve St. Angelo. Gs Leib- und Magenthema ist nachfragebedingt Shale was auch immer. Warnung: Das auf YT abrufbare Decouple- Interview dauert eine Stunde und die ersten 40 Minuten sollte man sich auf jeden Fall angehört haben. Es ist ein interessanter Parforçe-Ritt über das jüngere Öl-Zeitalter, von einem “echten Experten”. Die der Atomkraft (fission) gewidmeten letzten 15 Minuten wären ein eigenes Thema.
Goehring spricht hier (nicht nur) über den aktuellsten Marktkommentar seines Hauses “The End of Abundant Energy”, wo u.a. über eine Neubewertung der lange als diskreditiert geltenden Peak Oil-Theorie reflektiert wird.
Der Decouple-Interviewer ein angehender Mittvierziger, steigt mit dem Thema Peak Oil ein, das er – wohl altersbedingt – als Theorem der Jahre unmittelbar vor 2008 kennt.
Goehring antwortet, dass das Gedankengebäude weiter zurück reiche und beginnt mit der Person von Marion King Hubbert.
Dieser angeblich “streitsüchtige” Shell-Geologe hat bereits 1956 – bemerkenswert richtig – den (ersten) US-Öl-Peak für die frühen 1970er vorausgesagt (vorausberechnet).
Wegen des starken internationalen Förderwachstums in den den 1970ern folgenden drei Jahrzehnten (OPEC & Nicht-OPEC) sei MKH aber schnell in Vergessenheit geraten, sagt Goehring.
MKHs Wiederkunft
Erst ab etwa 2000 – Goehring erwähnt Campbell, Laherrère und Simmons nicht – sei wieder über Peak Oil geredet worden.
Dies gehe in etwa parallel zur Nicht-OPEC-Ölproduktion, die damals fünf Jahre lang stagniert habe (u.a. wg. des Abschwungs in der Nordsee, in der Prudhoe Bay sowie in Feldern wie Cantarell).
Das habe der OPEC Preismacht zurück gegeben, was letztlich zu einem Ölpreis von 145 Dollar am Vorabend der großen Finanzkrise 2008 geführt habe (ein Detail, über das man diskutieren kann, Anm.).
Bereits ab etwa dem Jahr 2000 habe in den USA aber der sg. Shale-Boom eingesetzt, erst bei Gas (Barnett, Fayetteville), und ab etwa 2008 bei Öl (Bakken, Eagle Ford).
Dies habe wiederum zur Folge gehabt, dass die Vereinigten Staaten in den vergangenen 20 Jahren auf eigenem Territorium “zwei neue Saudi-Arabien” entwickelt hätten:
- Eines durch gefracktes Erdgas (in Öl-Äquivalente umgerechnet) sowie
- ein weiteres in Erdöl, das die inzwischen auf 6 Millionen Barrel/d gefallene konventionelle Produktion binnen weniger Jahre um elf Millionen Barrel täglich gesteigert habe.
(10 – 11 Mio. Fass entspricht etwa der Tagesproduktion von Saudi-Arabien).
Dies habe zu einem bis heute andauernden energetischen Überreichtum und Preisdruck daheim (Gas) sowie international (Öl ab 2014) geführt.
Ab etwa Minute 13:00 bestätigt G. die (ohnedies unbestreitbaren) Aussagen Bermans, speziell dass
- ein beträchtlicher Teil des heutigen definitorischen Erdöls (“all liquids”) kein Öl im altbekannten Sinn ist und
- dass die seit 2008 erzielten Zuwächse hauptsächlich auf Schieferöl und “ein bisserl” auf Ölsande und Bio-Treibstoffe zurück zu führen seien.
(Shale Oil wird unter “C & C” geführt, also “Rohöl und Kondensate aus Ölquellen” – wiewohl als “nicht-konventionell”.
Hier nicht verbuchte Zuwächse gab’s übrigens auch bei den aus Gasquellen stammenden NGL, die freilich als nicht-konventionelle “all liquids” rubriziert werden).
Deshalb, sagt Goehring, könne
man argumentieren, dass wir (ca. 2006) den Hubbert-Peak bei der konventionellen Produktion überschritten haben.”
Der Höhepunkt der (auch nicht-konventionellen) Ölproduktion sei freilich erst knapp vor dem Ausbruch der Pseudo-Seuche (eigene Worte) erreicht worden
- das, wie gesagt, nur dank des Shale-Booms in den USA.
Technologie nur bedingt exportierbar
Die Minuten 17 - 20 widmet G. der Erläuterung des Unterschieds zwischen konventionellem Öl und Shale sowie der Entwicklung der Fracking-Technologie.
Shale-Gestein sei international zwar weit verbreitet, dennoch ließe sich die Technologie nicht einfach exportieren.
Der Grund dafür sei, wie proprietäre Analysen vun G&R ergäben, dass die Fracking-Technologie 4 – 5 weitere (geologische) Kriterien benötige, um zu erfolgreicher Öl- bzw. Gasförderung zu führen (ab 26:00)
Sieben der diesbezüglich zehn besten Formationen befänden sich in den USA (die drei anderen liegen in Argentinien, Kolumbien und Russland – Vaca Muerta, Luna, Bazhenov).
In den USA seien Schieferöl und – gas aber bereits im Prozess des Peaking begriffen. Barnett und Fayetteville hätten bei Gas bereits massiv verloren, ebenso wie Bakken und Eagle Ford (Öl). Bei Öl ließen sich im Permian noch vielleicht 1 – 1,5 Jahre Wachstum heraus holen.
Danach werde gemäß der Hubbertschen Glockenkurve der Rückwärtsgang bei der Produktion eingelegt.
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