Wahrnehmungs-Management mit Statistik: Erneuerbaren-Anteil d. EU

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Eurostat Holz-Anteil

Die EU beansprucht, mittlerweile 18 Prozent ihres Energiekonsums aus Erneuerbaren Energien zu beziehen und diesem Blogger erschien das aufs erste Hinschauen ziemlich überhöht. Eine tagelange Odyssee durch Kontaktformulare und Datenbanken belehrte ihn eines Besseren: So wie die Union selbst ihn definiert hat, ist der Anteil wohl richtig. Freilich zeigt der Indikator nicht an, was der flüchtige Betrachter vermutet. Ein Nachtrag zu diesem Posting. NB zu Wasserkraft und Windrädern.

Dabei muss für den Zweck dieses Postings “Daumen mal Pi” ausreichen, weil in der öffentlich zugänglichen Eurostat-Datenbank eine wesentliche Kategorie nicht zur Verfügung steht bzw. erst mühsam “händisch berechnet” werden müsste:

- der Brutto-Endenergieverbrauch, auf den sich das “Erneuerbaren-Ziel 2020″ bezieht.

Aus diesem Grund hat dieser Blogger den Netto-Endenergieverbrauch (“Verfügbar für den Endverbrauch”) verwendet, der sehr wohl ausgewiesen ist.

Dieser unterscheidet sich vom Bruttowert nur geringfügig, im Wesentlichen nur durch die Leitungsverluste, die bezogen auf das gesamte Energieaufkommen nicht allzu groß sind.

Beide Endverbräuche liegen aber um etwa ein Drittel unter dem Primärenergieverbrauch, der eigentlich berücksichtigt werden müsste, weil sich der Renewable-Anteil auf das gesamte Energie-System und nicht nur auf den Endverbrauch beziehen müsste.

Klarerweise könnte das gesamte System ohne die bei der Konversion “verloren gegangene” Energie nicht funktionieren.

“Aus unerfindlichen Gründen” ist der Anteil auf eine Gesamtheit mit Konversionsverlusten bezogen worden, was zur Folge hat, dass der Nenner kleiner und der Gesamtausdruck größer wird.

Nun gibt es bei den Energiebilanzen von Eurostat eine Kategorie, die sich “Erneuerbare Energiequellen und Biobrennstoffe” nennt, die etwa 9 Prozent der verfügbaren Endenergie ausmacht. Sie beinhaltet z.B. Wasserkraft, Solarstrom (und -wärme) sowie Windenergie – also das, was sich Otto & Grete Normalverbraucher gemeinhin unter “erneuerbaren Energiequellen” vorstellen.

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Diese Posten haben 2018 netto (also für Endverbrauch verfügbar) 104.668,978 Tausend Tonnen Rohöleinheiten (TROE) beigesteuert, von einer Gesamtheit von 1.163.740,217 Tausend TROE.

Der Bruttoverbrauch der Erneuerbaren Energien und Biokraftstoffe betrug übrigens 242.309, 698 Tausend TROE.

Fehlen bei “Verfügbar für Endverbrauch” also etwa 50 Prozent.

Die fehlende Hälfte stammt vor allem aus der (netto offenbar nicht berücksichtigten) Verfeuerung von Holz und Holzprodukten (67.812, 945 Tausend TROE) sowie aus Bioethanol und Biodiesel. Allein Holz & Co. steuern knapp 6 Prozentpunkte bei (siehe Screenshot “über dem Falz”)

- die “grünen Flüssigtreibstoffe” stellen dagegen nur ein Drittel jenes energetischen Werts, den “feste primäre Biobrennstoffe” vulgo Holz auf die Waage bringt.

Der Rest ist “Kleinvieh”, von dem Biogas wahrscheinlich noch das größte ist.

Resümée

Also: So gerechnet könnten 18 Prozent durchaus hinkommen, “Daumen mal Pi” und mit einem Btuttowert, der auf einen “Quasi-Nettowert” ( = Endenergie) berzogen ist.

Definitiv falsch ist hingegen die Ansicht, mit 18 Prozent würde der Anteil der PV-Paneele und Windmühlen an der in der EU-28 verwendeten Gesamtenergie abgebildet.

Auch hier sehen wir übrigens ein prächtiges Exemplar der Spezies Irreführen ohne zu lügen vor uns. Diese Art der Persuasion pflegen nämlich nicht nur die Medien.

Man kann auch “jesuitisch lügen” dazu sagen, wie ein Bekannter zu formulieren pflegt.   :mrgreen:

Nachbemerkung, 4.2.2020, 11 Uhr: Hab mich noch ein bisschen mit den Bruttowerten herumgespielt und bin zur Einschätzung gelangt, dass die “neuen erneuerbaren” Energiequellen der EU knapp 3 Prozentpunkte und die Wasserenergie etwa zwei pp ausmachen.

Der überragende Faktor ist mit mehr als 40 Prozent des Bruttowerts der “grünen Mischkategorie” jedenfalls Holz.  Neun Prozent für die alten und neuen Erneuerbaren anzunehmen ist daher eine Überschätzung um etwa 100 Prozent.

Unabhängiger Journalist

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